Regensburger Initiative „Keine Bedienung für Nazis“ bekommt Luther-Preis

9. November 2012

Der Preis „Das unerschrockene Wort“ der sechzehn Luther-Städte würdigt Zivilcourage und wird 2013 an die Regensburger Initiative „Keine Bedienung für Nazis“ verliehen.Die Initiative „Keine Bedienung für Nazis“ hatte sich nach einem Überfall von fünf Nazischlägern auf das Regensburger Lokal Picasso im Sommer 2010 gegründet. Der tätliche Angriff mit Fäusten und Stiefeln war ein rassistisch motivierter Racheakt und galt dem 22-jährigen Barkeeper, der sich wenige Wochen vorher schützend vor eine dunkelhäutige Frau gestellt hatte.

Unter dem Motto „Rassisten werden hier nicht bedient“ startete die Initiative „Keine Bedienung für Nazis“ daraufhin eine breit angelegte Aufklärungs-kampagne gegenüber der Regensburger Gastronomie und der Öffentlichkeit. Über 150 Wirte haben bis heute eine Erklärung unterzeichnet mit dem Facit:

„Nazis und andere Rassisten haben in unseren Räumen nichts zu suchen. Wir dulden keine rassistischen, diskriminierenden Äußerungen in unserem Lokal. Wir werden diese Leute nicht bedienen!“

Trotz allem: die fünf Nazis, die das Picasso überfallen und seinen Barkeeper verletzt hatten, blieben auf freiem Fuß. Die Staatanwaltschaft sah keinen Haftgrund. Erst drei Monate und so viele Straftaten später (gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung, Volksverhetzungs- und Beleidigungsdelikte) wanderten die Fünf in U-Haft. Der Prozess wurde im Mai 2011 eröffnet. Der Hauptangeklagte kassierte eine Gesamtstrafe von sechseinhalb Jahren. Den übrigen Tatverdächtigen sei „kein Tatbeitrag nachzuweisen“: vier mal Freispruch im Fall „Picasso“. Die Initiative „Keine Bedienung für Nazis“ hatte mit ihrer Aufklärungskampagne dem Picasso-Fall große öffentliche Aufmerksamkeit verschafft. Und es ist nicht das kleinste ihrer Verdienste, dass der Fall vor Gericht kam. Auch nach dem Prozess blieb die Initiative weiter am Ball. Mit einem Ratgeber für Wirte vertiefte sie ihre Aufklärungsarbeit gegenüber der Gastronomie. Eine eindeutige Positionierung der Stadtspitze, die hilfreich gewesen wäre, blieb dagegen aus.

Jetzt sind die Würfel in Eisleben gefallen. Die Luther-Städte zeichnen die Regensburger Initiative „Keine Bedienung für Nazis“ mit dem Preis „Das unerschrockene Wort 2013“ aus. Es ist Samstag, der 10. November und die Stadt Regensburg feiert mit 250 Gästen im historischen Reichssaal des Alten Rathauses ihre Erhebung zur Freien Reichsstadt vor 767 Jahren mit einem Festakt und vergibt gerade selber Preise, da spricht sich die Entscheidung von Eisleben herum. Jetzt freuen sich alle. „Ich freue mich sehr über diesen Preis“, sagt Oberbürgermeister Hans Schaidinger gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung. Die Initiative sei vorbildlich, auch weil sie aus der Mitte einer betroffenen Bürgerschaft kommt.

„Das sind viele schöne Worte. Aber wir brauchen Taten“, so Sion Israel, Mitgründer der Initiative zur Mittelbayerischen Zeitung. Auch Regensburg lasse Optionen ungenutzt. Als Beispiel nennt er die Strategie, NPD-Auftritte geheim zu halten, um Neonazis keine PR-Plattform zu bieten; das erschwere öffentlichen Protest gegen braune Parolen. Der Vertreter der Preisträger erinnert darüber hinaus an den Auftritt von „Frei.Wild“ am 3. November 2012. Die Band, die dem rechten Umfeld zugeordnet wird, durfte in der Donau-Arena singen. Regensburg solle die Halle verweigern. Die Stadt könnte eine Pionierrolle spielen und bei „Frei.Wild“ als erste Kommune Haltung zeigen. Mit dem Preis werden Personen geehrt, „die bedeutsame Aussagen gemacht und gegenüber Widerständen vertreten haben.“ Auf die Regensburger Preisträger trifft diese Bestimmung des Preisstatuts voll und ganz zu. Der Luther-Preis „Das unerschrockene Wort 2013“ ist mit 10.000 Euro dotiert und soll am 13. April 2013 in Eisleben verliehen werden. Herzlichen Glückwunsch!