Für eine Erinnerungskultur, die dem Leiden und Sterben der Menschen im KZ Außenlager Colosseum in Würde gerecht wird I

30. August 2011

Im April 2011 verlegte die Stadt Regensburg eine Bodenplatte vor dem Colosseum. Die Öffentlichkeit wurde nicht informiert und schon gar nicht zum Gedenken eingeladen. Aber nicht nur das empört uns.Text und Ort der Bodenplatte werden dem Anspruch, diesen Menschen, ihrem Leiden, ihrem Sterben, wenigstens in der Erinnerung Gerechtigkeit widerfahren zu lassen(Oberbürgermeister Hans Schaidinger am 27.01.2009) und der historischen Wahrheit nicht gerecht.

Angesichts der Verbrechen gegen die Menschheit, die mit diesem Ort verbunden sind, wecken Formulierungen wie „ehemaliges Gasthaus“ und „untergebracht“ seltsam falsche Assoziationen.

Zbigniew Kolakowski und Tadeusz Sobolewicz, Überlebende des KZ Colosseum und des Todesmarsches erinnern sich anders an diese Hölle. Beide haben öffentlich berichtet. Hat ihnen jemand zugehört? Müssen sie sich nicht verhöhnt fühlen? Von 19. März bis 23. April 1945 war Flossenbürg im Zentrum Regensburgs. Was haben wir von den ehemaligen KZ Gefangenen erfahren über die Zeit im März 1945, als sie mit 400 Leidensgenossen in Viehwaggons hierher verfrachtet wurden?

Allierte Luftangriffe hatten das Bahngelände in ein Kraterfeld verwandelt. Nichts ging mehr für Wehrmacht und Messerschmitt auf der Schiene. „Aufräumen“, „Bombenschäden beseitigen“ hieß für die Sklavenarbeiter aus dem KZ Flossenbürg Schwerstarbeit in ständiger Todesgefahr: in einander verschmolzene Schienen-, Waggon- und Maschinenteile auseinander schweißen, mit bloßen Händen wegschleppen, Bombentrichter einebnen, Schwellen, Schienen und Weichen neuverlegen. Dafür wollte die Reichsbahn die Gefangenen der SS.

Das Colosseum war fünf lange Wochen ein KZ in jeder Beziehung. Entsprechend wurden die Gefangenen untergebracht, verpflegt, versorgt und terrorisiert. Schlafplatz für 400: Fußboden im Tanzsaal, ausgelegt mit Holzwolle. Verpflegung: Wasserschnalzn mit Krautabfällen. Zusätzlich: Prügel bis zur Bewußtlosigkeit. Waschgelegenheit: keine. Es war verboten, aus dem rinnenden Wasserhahn zu trinken. Medizinische Versorgung: keine bzw. Rücktransport nach Flossenbürg Wachmannschaft: 50 Mann SS. Kommandant: SS Oberscharführer Ludwig Plagge, einer der blutrünstigsten Verbrecher von Auschwitz und Erfinder zahlloser Quälereien.

Die Sklavenarbeit für die Reichsbahn und die Behandlung durch die SS forderte über 65 Todesopfer in Regensburg. Am 23. April 1945 wurde das Colosseum zum Ausgangspunkt des Todesmarsches. Nur wenige Gefangene erlebten ihre Befreiung am 1. Mai bei Laufen an der Salzach.

Um ihrer toten Kameraden zu gedenken, kehrten Tadeusz Sobolewicz und Zbigniew Kolakowski an den Ort dieser Hölle zurück.

Die Stadt sollte an das Leiden und Sterben der Menschen im KZ Außenlager Colosseum des KZ Flossenbürg und an die Ermordeten des Todesmarsches in Würde erinnern. Die Bodenplatte tut das nicht. Eine Gedenktafel am Ort des Verbrechens gegen die Menschheit bleibt unsere Forderung.

Bitte, unterstützen Sie unser Anliegen für eine Erinnerungskultur, die dem Leiden und Sterben der Menschen im KZ Außenlager Colosseum gerecht wird.