Antifaschistische und antirassistische Gruppen dürfen nicht weiter durch den Verfassungsschutz und das Innenministerium diffamiert werden!
12. April 2013
Gemeinsame Erklärung
Am 17. April beginnt in München der Prozess gegen einige Mitglieder und mutmaßliche Unterstützer des NSU. Für unsere Gesellschaft hat der Prozess, die Aufklärung über den NSU und der Kampf gegen Rassismus eine nicht zu überschätzende Bedeutung.
Die Konsequenz aus dem Bekanntwerden des NSU und dem Versagen staatlicher Behörden bei der Aufklärung der rassistischen Mordserie muss ein breites gesellschaftliches Engagement gegen Rassismus und rechte Gewalt sein. Diese Arbeit wird von vielen verschiedenen Parteien, Gewerkschaften, Gemeinden und zivilgesellschaftlichen Initiativen getragen. Das bayerische Innenministerium und insbesondere das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz haben in den letzten Jahren immer wieder das wichtige antifaschistische Engagement einiger dieser Initiativen unter dem Vorwurf des „Linksextremismus“ diffamiert und behindert.
Das Konzept des „Extremismus“ ist nicht nur wissenschaftlich höchst umstritten, es ist auch politisch brandgefährlich, da es antifaschistisches Engagement mit dem Taten von Neonazis gleichsetzt. 2012 konnte das Münchner a.i.d.a.-Archiv nach einem jahrelangen Rechtsstreit gegen den bayerischen Verfassungsschutz die rückwirkende Streichung aus den Verfassungsschutzberichten der Jahre 2009-2011 erreichen. A.i.d.a. stellt antifaschistischen Initiativen und einer breiten demokratischen Öffentlichkeit Informationen über die extreme Rechte zur Verfügung und ermöglicht so in vielen Bereichen ein fundiertes, zivilgesellschaftliches Engagement. Auch die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) und viele andere Parteien, lokale Initiativen und Gruppen stehen im Visier des Verfassungsschutzes, sie werden systematisch überwacht und durch die Nennung in den VS-Berichten diskreditiert. Viele dieser Gruppen beteiligen sich auch an der Vorbereitung der Münchner Großdemonstration im Vorfeld des NSU-Prozesses und leisten Tag für Tag wichtige Arbeit gegen Nazis und Rassismus.
Sei es durch ihr Eintreten für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen, durch Erinnerungspolitik, durch Recherchen über die extreme Rechte, durch Bildungs- und Kulturarbeit und durch politische Interventionen. Wir fordern: Antifaschistische und antirassistische Gruppen dürfen nicht weiter durch den bayerischen Verfassungsschutz und die Verfassungsschutzberichte des bayerischen Innenministeriums diffamiert werden. Auch sie sind unverzichtbarer Teil eines gesamtgesellschaftlichen Engagements gegen Rassismus und rechte Gewalt und damit für eine offene, demokratische Gesellschaft.
München, 11. April 2013
- Antifaschistische Informations- Dokumentations- und Archivstelle München,(a.i.d.a. e.V.)
- Bündnis gegen Naziterror und Rassismus
- Siegfried Benker (Bündnis 90/Die Grünen München)
- Eva Bulling-Schröter (MdB, Landessprecherin LINKE.Bayern)
- Philipp Dees (Vorsitzender Jusos Bayern)
- Hamado Dipama (Mitglied des Ausländerbeirates der Landeshauptstadt München)
- Luise Gutmann (VVN-BdA Regensburg)
- Renate Hennecke (Landessprecherin VVN-BdA)
- Angelika Lex (Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein)
- Xaver Merk (Landessprecher LINKE.Bayern)
- Florian Ritter (MdL, Sprecher der SPD-Landtagsfraktion zur Bekämpfung des Rechtsradikalismus)
- Maren Ulbrich (Vorsitzende Ver.di Jugend Bayern)
- Ulli Schneeweiß (stellvertretender Geschäftsführer Ver.di Mittelfranken)