Die Verstöße gegen staatliches Haushaltsrecht sind gravierend. Die Liste der Beanstandungen ist lang. „Fazit: Bei der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit wurden fundamentale Grundsätze einer ordentlichen Verwaltung ignoriert.“ Und: „Eine Aufsicht über deren Verwaltungshandeln findet nicht statt.“ So der Bericht des ORH, den Spaenle seit 2009 dem Landtag vorenthielt. Das Kultusmininisterium ist Aufsichtsbehörde gegenüber der BLZ. Die Landtagsgrünen fragen, welche Rolle der frühere Kultusstaatssekretär Karl Freller (CSU) spielte, der unter Spaenles Vorgängern (Schneider und Hohlmeier) für die Aufsicht der Landeszentrale zuständig war. Der Schaden durch Misswirtschaft soll mindestens 350.000 Euro betragen. Der Kultusminister kehrte aus dem Urlaub zurück. Der Chef der Landeszentrale räumt heute seinen Stuhl auf der Praterinsel. Affäre beendet?
Was macht eigentlich die Landeszentrale, wenn sie nicht in den Schlagzeilen ist? Vor allem scheint sie eine riesige Bücherkiste zu sein. Die BLZ verschickte Bücher, mehr oder weniger kostenlos: „Von der Mahnung bzw. Weiterverfolgung der ausstehenden Verwaltungskostenpauschale für bereits versandte Bücher wurde grundsätzlich abgesehen.“ (ORH-Bericht) Aber dieser Schlendrian ist jetzt abgestellt. Seit 1. August ist für die meisten Bücher, „bestellbar nur in Bayern“, eine Schutzgebühr zu entrichten.
Beispiele: Für das „Jahrbuch Extremismus & Demokratie 17. Jg. 2005“ von Uwe Backes und Eckard Jesse wird eine Schutzgebühr von 6 Euro fällig (Buchhandelspreis war 46 Euro).
„Die Linke. Der smarte Extremismus“ von Eckhard Jesse und Jürgen P. Lang, Schutzgebühr 4 Euro, Buchhandelspreis 24,90.
Klaus Schroeder, Politikwissenschaftler an der FU Berlin und Leiter des Forschungsverbunds SED-Staat ist in der Reihe „Arbeitshefte“ der BLZ mehrfach vertreten. „Der SED-Staat Geschichte und Strukturen der DDR“, 782 Seiten, München 1999, wurde von der BLZ 2009 nachgedruckt. Schutzgebühr 8 Euro.
Ebenfalls in Lizenz herausgebracht wurden die folgenden Titel von Klaus Schroeder: „Rechtsextremismus und Jugendgewalt in Deutschland“, 617 Seiten, München 2003. Schutzgebühr 8 Euro (24 Euro für Besteller außerhalb Bayerns).
„Die veränderte Republik Deutschland nach der Wiedervereinigung“, 767 Seiten, erschien 2006 im Verlag Ernst Vögel München, Schutzgebühr 8 Euro.
Die BlZ kaufte vielerlei Bücher in zum Teil sehr großer Stückzahl an, ohne Begründung. Der OHR beklagte Intransparenz. Die BLZ macht auch Veranstaltungen. „Ein jedermann zugängliches und für einen angemessenen Zeitraum festgelegtes Programm sowie eine Programmplanung sind nicht vorhanden. Zudem fehlen auch veranstaltungsbezogene Kostenkalkulationen. Die BLZ hat damit wiederholt gegen das Gebot der Haushaltstranparenz verstoßen“, so der ORH.
Sicher ist, dass eine enge Zusammenarbeit mit den Autoritäten der Extremismus-Forschung gepflegt wird. Sicher ist auch, dass eine institutionalisierte Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Verfassungsschutz besteht. Gemeinsam arbeiten sie in der BIGE. Das ist die „Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus“, eine Kreation der Staatsregierung gegen den Wildwuchs bürgerschaftlicher Initiativen und ziviler Bündnisse, die sich gegen Neonazis richten. Am liebsten sähe man, wenn solche Bündnisse nur in Anbindung an die Verwaltung und nach deren Wünschen auftreten würden. Gemeinsam mit dem bayerischen Inlandsgeheimdienst kämpft hier die BLZ „gegen Extremismus“.
Am Tag als Kultusminister Spaenle den Chef seiner Landeszentrale suspendierte, stellte Innenminister Joachim Herrmann zusammen mit Kultusstaatssekretär Thomas Kreuzer das neueste Produkt dieser Zusammenarbeit vor: das Internetportal www.bayern-gegen-linksextremismus.bayern.de. Dort zeichnen für Inhalte aus der Rubrik „Wissen“ VS-Chef Dr. Burkhard Körner und für Inhalte in den Rubriken „Lernen“ BLZ-Chef Dr. Peter März verantwortlich.
März nahm am gleichen Tag seinen Hut und hat jetzt die Staatsanwaltschaft am Hals. Warum politische Bildung mit einem Pranger für kritische, linke Geister verbunden sein muss, erschließt sich wohl nur der CSU-geführten Staatsregierung, die diese Komplizenschaft gestiftet hat. Zum Schutz der Verfassung müsste sich bei der BLZ mehr ändern als ein Name im Impressum.
Nachtrag: Auf der neuen Internetseite finden Sie eine Landkarte mit roten Punkten und gelben Vierecken. Wenn Sie den richtigen Punkt anklicken, erfahren Sie, was Ihnen das Zwillingspaar VS und LBZ über uns mitteilen möchte. – Sie können uns aber auch direkt unterstützen.