Peter Gingold: Paris – Boulevard St. Martin no. 11

18. Oktober 2011

Ein jüdischer Antifaschist und Kommunist in der Résistance und der Bundesrepublik

19.10.2011

Lesung und Diskussion

Peter Gingold: Paris – Boulevard St. Martin no. 11

Ein jüdischer Antifaschist und Kommunist in der Résistance und der Bundesrepublik

Mittwoch, 19. Oktober 2011, 19:30 Uhr

Brandlbräu, Ostengasse 16, Regensburg

Mit Silvia Gingold, Tochter von Peter Gingold und Ulrich Schneider, Bundessprecher VVN-BdA,Generalsekretär der Fédération Internationale des Résistants (FIR).

Eine Veranstaltung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) KV Regensburg und der VVN-BdA Regensburg

Peter Gingold, geboren im Kriegsjahr 1916 in Aschaffenburg, wuchs in einer jüdischen Familie in Frankfurt am Main auf. Als 14-Jähriger ging er im ersten Lehrjahr zur Gewerkschaftsjugend und beteiligte sich von Anfang an am Widerstand gegen die Nazis. Im Sommer 1933 emigrierte die Familie nach Paris. Peter Gingold erlebte dort den Existenzkampf und die Angst der Emigranten vor Abschiebung. Nach der Besetzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 schloss er sich mit seiner Frau Ettie dem französischen Widerstand an. 1943 von der Gestapo verhaftet und gefoltert, gelang es ihm dennoch zu flüchten. Zwei seiner Geschwister und weitere Angehörige und Freunde haben die Nazis ermordet.Das Kriegsende erlebte er bei den Partisanen der italienischen Resistenza in Turin.

Zurück in Deutschland setzt er sich für einen politischen Neuanfang ein. Doch er und seine Familie mussten fast zwei Jahrzehnte erneuter Verfolgung, Ausbürgerung und Berufsverbot erfahren, weil sie sich nach wie vor als Kommunisten bekannten. Bis zuletzt war Peter Gingold aktiv, um die Verantwortung der IG Farben für die Verbrechen in der NS-Zeit einzufordern. Peter Gingold starb am 29. Oktober 2006. Für seine Verdienste um die Befreiung Frankreichs von der deutschen Besatzung hat ihn die französische Regierung mit dem Befreiungsorden ausgezeichnet.

Peter Gingold, ”Paris – Boulevard St. Martin No. 11″ – Ein jüdischer Antifaschist und Kommunist in der Résistance und der Bundesrepublik, Hrsg. von Ulrich Schneider, 187 Seiten, 14,90, ISBN; 978-3-89438-407-4,PapyRossa Verlag,März 2009

Mittwoch, 19. Oktober 2011, 19:30 Uhr Brandlbräu, Ostengasse 16, Regensburg Mit Silvia Gingold, Tochter von Peter Gingold und Ulrich Schneider, Bundessprecher VVN-BdA,Generalsekretär der Fédération Internationale des Résistants (FIR). Eine Veranstaltung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) KV Regensburg und der VVN-BdA Regensburg Peter Gingold, geboren im Kriegsjahr 1916 in Aschaffenburg, wuchs in einer jüdischen Familie in Frankfurt am Main auf. Als 14-Jähriger ging er im ersten Lehrjahr zur Gewerkschaftsjugend und beteiligte sich von Anfang an am Widerstand gegen die Nazis. Im Sommer 1933 emigrierte die Familie nach Paris. Peter Gingold erlebte dort den Existenzkampf und die Angst der Emigranten vor Abschiebung. Nach der Besetzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 schloss er sich mit seiner Frau Ettie dem französischen Widerstand an. 1943 von der Gestapo verhaftet und gefoltert, gelang es ihm dennoch zu flüchten. Zwei seiner Geschwister und weitere Angehörige und Freunde haben die Nazis ermordet.Das Kriegsende erlebte er bei den Partisanen der italienischen Resistenza in Turin. Zurück in Deutschland setzt er sich für einen politischen Neuanfang ein. Doch er und seine Familie mussten fast zwei Jahrzehnte erneuter Verfolgung, Ausbürgerung und Berufsverbot erfahren, weil sie sich nach wie vor als Kommunisten bekannten. Bis zuletzt war Peter Gingold aktiv, um die Verantwortung der IG Farben für die Verbrechen in der NS-Zeit einzufordern. Peter Gingold starb am 29. Oktober 2006. Für seine Verdienste um die Befreiung Frankreichs von der deutschen Besatzung hat ihn die französische Regierung mit dem Befreiungsorden ausgezeichnet. Peter Gingold, ”Paris – Boulevard St. Martin No. 11″ – Ein jüdischer Antifaschist und Kommunist in der Résistance und der Bundesrepublik, Hrsg. von Ulrich Schneider, 187 Seiten, 14,90, ISBN; 978-3-89438-407-4,PapyRossa Verlag,März 2009

„Nun ist Mogiljow frei von Verrückten“ Die Ermordung von Psychiatriepatienten durch Wehrmacht und Einsatzgruppen während des Krieges gegen die Sowjetunion

4. Oktober 2011

Referent: Dr. med. Gerrit Hohendorf

05.10.2011

Vortrag / Gespräch im EBW

„Nun ist Mogiljow frei von Verrückten“ Die Ermordung von Psychiatriepatienten durch Wehrmacht und Einsatzgruppen während des Krieges gegen die Sowjetunion

Referent: Dr. med. Gerrit Hohendorf

Mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 begann die blutigste Etappe des Zweiten Weltkriegs und fast gleichzeitig auch der systematische Massenmord.

Mittwoch, 05. Oktober 2011, 20:00 Uhr

Evangelisches Bildungswerk, Am Ölberg 2

Auch die Patientinnen und Patienten in den sowjetischen psychiatrischen Krankenhäusern gerieten in den Blick der zu vernichtenden Menschengruppen.

In der historischen Forschung bisher wenig beachtet ist dabei die Zusammenarbeit zwischen Wehrmachtsdienststellen, Zivilverwaltung und Einsatzgruppen. Auf Nahrungsmittelentzug folgte Selektion der arbeitsunfähigen und chronisch kranken Menschen, bis schließlich die Anstalten vollständig liquidiert wurden. Am Beispiel der Krankenmorde in Mogilew/Weißrussland werden historische Zusammenhänge dargestellt.

Dr. med. Gerrit Hohendorf, Studium der Medizin und ev. Theologie, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der TU München, 2002-2006 Wissenschaftliche Erschließung Auswertung des Krankenaktenbestandes der NS-„Euthanasie“-Aktion T4 im Bundesarchiv Berlin, versch. Veröffentlichungen zur NS-Euthanasie.

Kosten: 6,–/4,– Veranstalter: Evangelisches Bildungswerk Regensburg in Kooperation mit Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes /Bund der AntifaschistInnen KV Rgbg.

Mittwoch, 05. Oktober 2011, 20:00 Uhr Evangelisches Bildungswerk, Am Ölberg 2 Auch die Patientinnen und Patienten in den sowjetischen psychiatrischen Krankenhäusern gerieten in den Blick der zu vernichtenden Menschengruppen. In der historischen Forschung bisher wenig beachtet ist dabei die Zusammenarbeit zwischen Wehrmachtsdienststellen, Zivilverwaltung und Einsatzgruppen. Auf Nahrungsmittelentzug folgte Selektion der arbeitsunfähigen und chronisch kranken Menschen, bis schließlich die Anstalten vollständig liquidiert wurden. Am Beispiel der Krankenmorde in Mogilew/Weißrussland werden historische Zusammenhänge dargestellt. Dr. med. Gerrit Hohendorf, Studium der Medizin und ev. Theologie, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der TU München, 2002-2006 Wissenschaftliche Erschließung Auswertung des Krankenaktenbestandes der NS-„Euthanasie“-Aktion T4 im Bundesarchiv Berlin, versch. Veröffentlichungen zur NS-Euthanasie. Kosten: 6,–/4,– Veranstalter: Evangelisches Bildungswerk Regensburg in Kooperation mit Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes /Bund der AntifaschistInnen KV Rgbg.

Lorenz Knorr, antifaschistischer Widerstandskämpfer und Antimilitarist berichtet über sein Leben

2. Oktober 2011

„Da war also klar: du wirst überlegt Sand ins Getriebe streuen, so gut du kannst und solang du atmen kannst.“

03.10.2011

Zeitzeugengespräch

Lorenz Knorr, antifaschistischer Widerstandskämpfer und Antimilitarist berichtet über sein Leben

„Da war also klar: du wirst überlegt Sand ins Getriebe streuen, so gut du kannst und solang du atmen kannst.“

Lorenz Knorr wurde am 18.Juli 1921 in Eger in der Tschechoslowakei, heute Cheb, geboren. Schon seine Eltern bekleideten Funktionen in der Arbeiterbewegung.Lorenz Knorr selbst war vor dem Zweiten Weltkrieg Mitglied der Sozialdemokratischen Partei der Tschechoslowakei. Während des Faschismus leistete er Widerstand durch Sabotage an Rüstungs- und Kriegstransporten, z.B. Sprengung von Munitionslagern. Er wurde zur Wehrmacht einberufen und kam 1942 wegen Wehrkraftzersetzung vor ein Kriegsgericht, dann in eine Strafkompanie in Afrika. Sogar dort sowie später im besetzten Polen fand er Möglichkeiten zur antifaschistischen Tätigkeit.

1947-1960 war er Landessekretär bei der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken Bayern und Bundessekretär. 1960 protestierte er öffentlich gegen das Einschwenken der SPD auf den NATO-Kurs Adenauers und trat aus der Partei aus. Knorr gründete mit anderen die Deutsche Friedensunion (DFU).

Montag, 03. Oktober 2011, 19:00 Uhr

Brandlbräu, Ostengasse 16, Regensburg

In Anschluss an das Gespräch mit Lorenz Knorr informieren wir euch über eine aktuelle Auseinandersetzung acht jugendlicher Antimilitaristen, die im Herbst letzten Jahres auf der Hamburger Blohm+Voss-Werft ein Transparent gegen den Krieg hissten und jetzt vor Gericht stehen.

1961 griff Lorenz Knorr auf einer öffentlichen Jugendveranstaltung die personelle Kontinuität von der Wehrmacht zur Bundeswehr an und bezeichnete einige Generäle als „Massenmörder“. Wegen „Beleidigung“ von diesen ehemaligen Generälen der Wehrmacht, die nun in führender Position in der Bundeswehr tätig waren, sowie „Staatsgefährdung“ musste er sich mehreren Gerichtsverfahren stellen. Das Gericht vertrat die Auffassung bei dem Begriff „Massenmörder“ handle es sich um ein beleidigendes Werturteil, blieb aber bei einer Geldstrafe von 300 DM. Der Staatsanwaltschaft dagegen forderte eine Freiheitsstrafe von drei Monaten ohne Bewährung. 1974 wurde der Prozess „wegen geringer Schuld“ eingestellt.

Montag, 03. Oktober 2011, 19:00 Uhr Brandlbräu, Ostengasse 16, Regensburg In Anschluss an das Gespräch mit Lorenz Knorr informieren wir euch über eine aktuelle Auseinandersetzung acht jugendlicher Antimilitaristen, die im Herbst letzten Jahres auf der Hamburger Blohm+Voss-Werft ein Transparent gegen den Krieg hissten und jetzt vor Gericht stehen. 1961 griff Lorenz Knorr auf einer öffentlichen Jugendveranstaltung die personelle Kontinuität von der Wehrmacht zur Bundeswehr an und bezeichnete einige Generäle als „Massenmörder“. Wegen „Beleidigung“ von diesen ehemaligen Generälen der Wehrmacht, die nun in führender Position in der Bundeswehr tätig waren, sowie „Staatsgefährdung“ musste er sich mehreren Gerichtsverfahren stellen. Das Gericht vertrat die Auffassung bei dem Begriff „Massenmörder“ handle es sich um ein beleidigendes Werturteil, blieb aber bei einer Geldstrafe von 300 DM. Der Staatsanwaltschaft dagegen forderte eine Freiheitsstrafe von drei Monaten ohne Bewährung. 1974 wurde der Prozess „wegen geringer Schuld“ eingestellt.

Aus dem Leben von Lorenz Knorr

2. Oktober 2011

„Da war also klar: du wirst überlegt Sand ins Getriebe streuen, so gut du kannst und solang du atmen kannst.“

Lorenz Knorr wurde am 18.Juli 1921 in Eger in der Tschechoslowakei, heute Cheb, geboren. Schon seine Eltern bekleideten Funktionen in der Arbeiterbewegung.

Lorenz Knorr selbst war vor dem Zweiten Weltkrieg Mitglied der Sozialdemokratischen Partei der Tschechoslowakei. Während des Faschismus leistete er Widerstand durch Sabotage an Rüstungs- und Kriegstransporten, z.B. Sprengung von Munitionslagern. Er wurde zur Wehrmacht einberufen und kam 1942 wegen Wehrkraftzersetzung vor ein Kriegsgericht, dann in eine Strafkompanie in Afrika. Sogar dort sowie später im besetzten Polen fand er Möglichkeiten zur antifaschistischen Tätigkeit.

1947-1960 war er Landessekretär bei der Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken Bayern und Bundessekretär. 1960 protestierte er öffentlich gegen das Einschwenken der SPD auf den NATO-Kurs Adenauers und trat aus der Partei aus. Knorr gründete mit anderen die Deutsche Friedensunion (DFU).

1961 griff er auf einer öffentlichen Jugendveranstaltung die personelle Kontinuität von der Wehrmacht zur Bundeswehr an und bezeichnete einige Generäle als „Massenmörder“. Wegen „Beleidigung“ von diesen ehemaligen Generälen der Wehrmacht, die nun in führender Position in der Bundeswehr tätig waren, sowie „Staatsgefährdung“ musste er sich mehreren Gerichtsverfahren stellen. Das Gericht vertrat die Auffassung bei dem Begriff „Massenmörder“ handle es sich um ein beleidigendes Werturteil, blieb aber bei einer Geldstrafe von 300 DM. Der Staatsanwaltschaft dagegen forderte eine Freiheitsstrafe von drei Monaten ohne Bewährung. 1974 wurde der Prozess „wegen geringer Schuld“ eingestellt.

Für eine Erinnerungskultur, die dem Leiden und Sterben der Menschen im KZ Außenlager Colosseum gerecht wird II

17. September 2011

Bei einer Kundgebung am 16.09.2011 vor dem Colosseum in Stadtamhof forderte das Bündnis „Kein Platz für Neonazis in Regensburg“ eine Erinnerungskultur, die dem Leiden und Sterben der Menschen im KZ Außenlager Colosseum in Würde gerecht wird.Anlass des Protests war und ist eine Bodenplatte der Stadt, die „viele Gemüter zum Kochen bringt“ (MZ, 17.09.2011).„In Reden von Luise Gutmann (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) und Reinhard Kellner (Soziale Initiativen) hagelte es Kritik an der Erinnerungspolitik der Stadt Regensburg.“ (regensburg-digital)Noch während der Kundgebung stellte sich Bürgermeister Joachim Wolbergs der Kritik der über 100 Teilnehmer. Die Diskussion wird weitergehen. Wir dokumentieren hier die Rede der VVN-BdA.Berichtet haben die Mittelbayerische Zeitung und regensburg-digital.de http://www.regensburg-digital.de/colosseum-burgermeister-fordert-eigentumer-zum-einlenken-auf/16092011/http://www.mittelbayerische.de/index.cfm?pid=10071&pk=705824&p=1

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Antifaschisten ! Wir sind heute hier zusammengekommen, weil wir Anstoß nehmen. Wir nehmen Anstoß an einer Bodenplatte, die vor einem halben Jahr unter Ausschluss der Öffentlichkeit klammheimlich hier versenkt wurde. Die Heimlichkeit machte Sinn, denn der Text der Bodenplatte ist zum Schämen.

Autoren der unsäglichen Inschrift sind der Archivleiter der Stadt, Heinrich Wanderwitz, und der städtische Kulturreferent, Klemens Unger. Die drei Bürgermeister der Stadt haben diesen Text gebilligt. Um es vorweg zu sagen, der Text spiegelt die offizielle Erinnerungspolitik in Regensburg wider. Diese Erinnerungspolitik verharmlost, beschönigt und verschweigt, wenn es um Nazis und deren Verbrechen in Regensburg geht. Das exakt spiegelt der Text der Bodenplatte wider. Was sagt der Text der Bodenplatte aus? Hier gab es den ehemaligen Gasthof „Colosseum“, in dem „Häftlinge des Konzentrationslagers Flossenbürg untergebracht“ waren. Vor dem Haus mussten sie zum Appell antreten. Verschwiegen wird, dass das KZ-Außenlager „Colosseum“ für 400 Menschen ein Ort der Hölle war, des Leidens und des Sterbens. 65 starben hier an den Folgen der mörderischen Zwangsarbeit und der Unterbringung. Am 23. April 1945 begann hier der letzte Marsch der KZ-Gefangenen. Am Ende erlebten 50 ihre Befreiung in Laufen an der Salzach.

Alljährlich erinnert die VVN am 23. April an den Todesmarsch der Gefangenen des „Colosseums“. An diesem Tag wird sichtbar der Opfer von Faschismus und Krieg in Regensburg gedacht. Nur an diesem Tag wird Regensburg für die Nachgeborenen zum Erinnerungsort. Denn einen Ort des Gedenkens für die Nazi-Opfer gibt es nicht. Nirgendwo erfahren Schülerinnen und Schüler in Regensburg, wie es damals war, als jüdische Kinder in den Tod deportiert wurden. In dieser Stadt fehlt ein authentischer Ort, der Widerstand und Verfolgung dokumentiert. Das öffentliche und sichtbare Gedenken an Verfolgung und Widerstand in Regensburg muss bis heute gegen die CSU und die von ihr dominierte Stadtverwaltung durchgesetzt werden. Das historische Museum der Stadt konzentriert sich in seinen Ausstellungen auf die Gründung, die Frühzeit und das Mittelalter der Stadt. Doch dann ist Schluss mit der öffentlichen Stadtgeschichte. Faschismus und Krieg haben um Regensburg einen Bogen gemacht. Und so kommt es, dass die Schulkinder in Regensburg sehr genau über das Pogrom von 1519 und die Wallfahrt zur „Schönen Maria“ genau Bescheid wissen, aber nicht, wann die Synagoge in Regensburg erneut brannte, angesteckt von den Nazis. Die jüdische Gemeinde wurde erneut vertrieben, deportiert und ermordet. Auch für sie gibt es keinen öffentlichen Ort des Gedenkens.

Für die Täter und Helfershelfer mangelt es nicht an öffentlicher Anerkennung und Ehrung. Davon zeugen Ehrenbürgerschaften, Straßennamen und Schulgebäude. Zum Beispiel die Hans-Herrmann-Schule. Hier können die Schülerinnen und Schüler lernen, wie geschmeidig Karriere gestaltet wird. Hans Herrmann war zunächst in der Weimarer Republik Mitglied der Bayerischen Volkspartei, sodann Mitglied in der Nazipartei und schließlich wurde er Mitbegründer der CSU in Regensburg und Oberbürgermeister dieser Stadt.

Wir sagen: Es ist eine Schande, dass diese Stadt bis heute den 65 Toten und den Gefangenen des „Colosseums“ ein ehrendes Gedenken verweigert. Deshalb muss die Bodenplatte demontiert und eine Tafel mit dem „richtigen“ Text am Haus angebracht werden.

Wir sagen aber auch, es ist heute, nach 66 Jahren die Aufgabe einer kritischen Stadtgesellschaft, diese Lücke zu füllen. Regensburg braucht, was viele Städte in Bayern längst haben, einen Ort, der die lokale Geschichte von Verfolgung und Widerstande ebenso dokumentiert wie die Schreckensherrschaft der Nazis.

Empört Euch gegen die Verharmlosung und Verfälschung der Geschichte in dieser Stadt!

Für eine Erinnerungskultur, die dem Leiden und Sterben der Menschen im KZ Außenlager Colosseum gerecht wird

15. September 2011

Verlesung der Namen der zu Tode geschundenen Gefangenen

16.09.2011

Kundgebung

Für eine Erinnerungskultur, die dem Leiden und Sterben der Menschen im KZ Außenlager Colosseum gerecht wird

Verlesung der Namen der zu Tode geschundenen Gefangenen

Eine Veranstaltung des Bündisses „Kein Platz für Neonazis in Regensburg“

Freitag, 16. September 2011, 15:00 Uhr

Vor dem Colosseum, Stadtamhof 5

Freitag, 16. September 2011, 15:00 Uhr Vor dem Colosseum, Stadtamhof 5

Kriegsgegner gegen Blohm + Voss erfolgreich!

12. September 2011

Verhandelt wird gegen Aktivisten des „Jugendaktionsausschuss – Notstand der Republik“ wegen Hausfriedensbruch. Im Oktober vor einem Jahr waren sie mit einem Transparent auf Dock 10 der Hamburger Blohm + Voss-Werft aufgetaucht. Sie wollten dort demonstrieren „wo mit dem Krieg Profit gemacht wird“. Das Rüstungsunternehmen fand seinen Frieden gestört. Acht Kriegsgegnern flatterten Strafbefehle ins Haus: 750 Euro oder 30 Tage Gefängnis jeweils; die Friedensaktivisten erhoben Einspruch.

Zum Prozess gegen drei der acht Beschuldigten kam es 13.09.2011 vor dem Amtsgericht Hamburg-Harburg. Nicht sie sondern Kriegsverbrecher Blohm + Voss gehöre hinter Gitter, erklärt der erste der Angeklagten. Das Publikum auf den Zuhörerbänken applaudiert. Im Wiederholungsfall, so der Richter, werde er den Saal räumen lassen. Als auch der zweite Angeklagte Beifall erntet, fordert der Vorsitzende Bereitschaftspolizei an. Unbeeindruckt bleibt die etwa 40-köpfige Zuhörerschaft im Gerichtssaal. Pause – und Fortsetzung der Verhandlung. Das Verfahren könne gegen Zahlung von 100 Euro pro Angeklagten eingestellt werden, so das Gericht. Die Friedensaktivisten nehmen das Angebot an. Schlussapplaus des Publikums.

Die Werft – Schauplatz der Antikriegsaktion vom Oktober 2010 – gilt seit ihrer Gründung 1877 als eine der bedeutendsten deutschen Waffenschmieden. Im Zweiten Weltkrieg zwang Blohm + Voss tausende KZ-Häftlinge zur Sklavenarbeit vor allem im U-Boot-Bau. Heute gehört das Unternehmen zum ThyssenKrupp-Konzern, baut Fregatten, Korvetten und U-Boote für die Deutsche Marine und die Marine anderer NATO-Länder.

Der Prozess gegen weitere fünf Beschuldigte steht noch aus.

Kriegsgegner und Antifaschisten des Jugendkongress – Notstand der Republik

12. September 2011

Eure Plakat-Aktion „Unsere Zukunft ist nicht Krise, Krieg und Barbarei – Klassenkampf statt Weltkrieg – Für die Internationale Solidarität“ verstehen wir als eine mutige Kundgebung und Warnung am historischen Tatort. Der Einsatz von NS-Zwangs- und Sklavenarbeit wurde vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg verurteilt. Dieses Verbrechen zu thematisieren ist immer noch höchst notwendig.

Wir sehen auch, dass die Militarisierung viele Bereiche der Gesellschaft, insbesondere auch Schulen und Hochschulen erfasst hat. Bundeswehreinsätze in aller Welt lehnen wir ab. Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg! Eurem Widerspruch vor Gericht wünschen wir viel Erfolg!

Schluss mit der Diffamierung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

3. September 2011

Bayern ist neben Baden Württemberg das einzige Bundesland, in dem das Landesamt für Verfassungsschutz die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN – BdA) beobachtet, im jährlichen Verfassungsschutzbericht als „linksextremistisch beeinflusst“ diffamiert und als verfassungsfeindlich stigmatisiert.Unlängst hat das zuständige Finanzamt der VVN – BdA in Bayern die Gemeinnützigkeit aberkannt, mit der Begründung, sie werde im Verfassungsschutzbericht erwähnt.

Die VVN wurde 1947 von Überlebenden der Konzentrationslager und des Antifaschistischen Widerstand gegründet, um im Sinne des Schwurs der Häftlinge von Buchenwald („Die Vernichtung des Faschismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“) zu wirken. Eine Lehre aus der Geschichte war für unsere Organisation, überparteilich und konfessionell ungebunden einen antifaschistischen Grundkonsens zu verteidigen, der damals im Grundgesetz verankert wurde. Dieses Grundgesetz entstand unter dem Eindruck des unter großen Opfern beendeten 2. Weltkriegs und als Gegenentwurf zum soeben überwundenen faschistischen Terrorregime.

Deshalb enthält das Grundgesetz klare antifaschistische Grundpositionen: Im Vordergrund stehen Demokratie, Menschenrechte, Meinungs- Versammlungs- und Koalitionsfreiheit. Das Verbot jeder Diskriminierung aus rassischen, religiösen, weltanschaulichen oder andern Gründen ist im Grundgesetz ebenso festgeschrieben wie das Verbot von Angriffskriegen. In Artikel 139 sind die alliierten Bestimmungen zum Verbot der NSDAP und möglicher Nachfolgeorganisationen und -parteien eindeutig bestätigt.

In diesem Sinne tritt die VVN-BdA entschieden ein für das Verbot der NPD und der in ihrem Sog sich bewegender Gruppen, Organisationen und Kameradschaften, die immer offener und gewalttätiger auftreten.

Für dieses und die anderen Ziele des Grundgesetzes setzt sich die VVN – BdA seit ihrer Gründung unermüdlich ein; sie verteidigte diese Verfassung immer wieder gegen Einschränkungen der Grundrechte.

Der Verfassungsschutzbericht 2010 des Bayrischen Landesamtes für Verfassungsschutz diffamiert dieses Engagement als „linksextremistisch beeinflusst“ und bedient sich dabei in der Sache haltloser Unterstellungen. Substantielle Hinweise auf „verfassungsfeindliche“ oder gar strafrechtlich relevante Handlungen oder Haltungen der VVN – BdA enthält der Bericht nicht, dafür aber personenbezogene Angriffe. So werden ein Bundesvorsitzender, ein Bundessprecher des Verbandes und ein Landesvorsitzender der VVN – BdA in Bayern in dem Bericht namentlich genannt.

Wir fordern: – Die Einstellung der Beobachtung der VVN – Bund der Antifaschisten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Landesämter in Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig Holstein – die unverzügliche Streichung der VVN/BdA aus dem Verfassungsschutzbericht 2010 des Bundeslandes Bayern – Die Wiederherstellung der Gemeinnützigkeit der VVN-BdA Bayern – Eine Entschuldigung der Landesregierung Bayern bei den im Bericht namentlich genannten Personen.

Für eine Erinnerungskultur, die dem Leiden und Sterben der Menschen im KZ Außenlager Colosseum in Würde gerecht wird I

30. August 2011

Im April 2011 verlegte die Stadt Regensburg eine Bodenplatte vor dem Colosseum. Die Öffentlichkeit wurde nicht informiert und schon gar nicht zum Gedenken eingeladen. Aber nicht nur das empört uns.Text und Ort der Bodenplatte werden dem Anspruch, diesen Menschen, ihrem Leiden, ihrem Sterben, wenigstens in der Erinnerung Gerechtigkeit widerfahren zu lassen(Oberbürgermeister Hans Schaidinger am 27.01.2009) und der historischen Wahrheit nicht gerecht.

Angesichts der Verbrechen gegen die Menschheit, die mit diesem Ort verbunden sind, wecken Formulierungen wie „ehemaliges Gasthaus“ und „untergebracht“ seltsam falsche Assoziationen.

Zbigniew Kolakowski und Tadeusz Sobolewicz, Überlebende des KZ Colosseum und des Todesmarsches erinnern sich anders an diese Hölle. Beide haben öffentlich berichtet. Hat ihnen jemand zugehört? Müssen sie sich nicht verhöhnt fühlen? Von 19. März bis 23. April 1945 war Flossenbürg im Zentrum Regensburgs. Was haben wir von den ehemaligen KZ Gefangenen erfahren über die Zeit im März 1945, als sie mit 400 Leidensgenossen in Viehwaggons hierher verfrachtet wurden?

Allierte Luftangriffe hatten das Bahngelände in ein Kraterfeld verwandelt. Nichts ging mehr für Wehrmacht und Messerschmitt auf der Schiene. „Aufräumen“, „Bombenschäden beseitigen“ hieß für die Sklavenarbeiter aus dem KZ Flossenbürg Schwerstarbeit in ständiger Todesgefahr: in einander verschmolzene Schienen-, Waggon- und Maschinenteile auseinander schweißen, mit bloßen Händen wegschleppen, Bombentrichter einebnen, Schwellen, Schienen und Weichen neuverlegen. Dafür wollte die Reichsbahn die Gefangenen der SS.

Das Colosseum war fünf lange Wochen ein KZ in jeder Beziehung. Entsprechend wurden die Gefangenen untergebracht, verpflegt, versorgt und terrorisiert. Schlafplatz für 400: Fußboden im Tanzsaal, ausgelegt mit Holzwolle. Verpflegung: Wasserschnalzn mit Krautabfällen. Zusätzlich: Prügel bis zur Bewußtlosigkeit. Waschgelegenheit: keine. Es war verboten, aus dem rinnenden Wasserhahn zu trinken. Medizinische Versorgung: keine bzw. Rücktransport nach Flossenbürg Wachmannschaft: 50 Mann SS. Kommandant: SS Oberscharführer Ludwig Plagge, einer der blutrünstigsten Verbrecher von Auschwitz und Erfinder zahlloser Quälereien.

Die Sklavenarbeit für die Reichsbahn und die Behandlung durch die SS forderte über 65 Todesopfer in Regensburg. Am 23. April 1945 wurde das Colosseum zum Ausgangspunkt des Todesmarsches. Nur wenige Gefangene erlebten ihre Befreiung am 1. Mai bei Laufen an der Salzach.

Um ihrer toten Kameraden zu gedenken, kehrten Tadeusz Sobolewicz und Zbigniew Kolakowski an den Ort dieser Hölle zurück.

Die Stadt sollte an das Leiden und Sterben der Menschen im KZ Außenlager Colosseum des KZ Flossenbürg und an die Ermordeten des Todesmarsches in Würde erinnern. Die Bodenplatte tut das nicht. Eine Gedenktafel am Ort des Verbrechens gegen die Menschheit bleibt unsere Forderung.

Bitte, unterstützen Sie unser Anliegen für eine Erinnerungskultur, die dem Leiden und Sterben der Menschen im KZ Außenlager Colosseum gerecht wird.

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