Buchvorstellung und Zeitzeugenbericht: 25.04.2013, 20:30 Uhr Bücher-Pustet

19. April 2013

„Zurück ins Leben – Das internationale Kinderzentrum Kloster Indersdorf 1945-46“ mit

  • Stefan Hajdu, Zeitzeuge, Budapest

  • Anna Andlauer, Autorin

Andlauer Zurück Umschlag

Im internationalen Kinderzentrum Kloster Indersdorf im Landkreis Dachau fanden nach Ende des Zweiten Weltkriegs jugendliche KZ-Überlebende, junge ehemalige Zwangsarbeiter und Kleinkinder eine erste beschützende Umgebung. Was benötigten diese traumatisierten, jungen Menschen, um in ein normales Leben zurückfinden zu können?

UNRA Internationales Kinderzentrum Indersdorf 1945 - 1946

UNRA Internationales Kinderzentrum Indersdorf 1945 – 1946

Buchvorstellung und Zeitzeugenbericht: 25.04.2013, 20:30 Uhr Bücher-Pustet weiterlesen »

Antifaschistische und antirassistische Gruppen dürfen nicht weiter durch den Verfassungsschutz und das Innenministerium diffamiert werden!

geschrieben von a.i.d.a. e.V., Siegfried Benker, Bündnis gegen Naziterror und Rassismus, Eva Bulling-Schröter, Philipp Dees, Hamado Dipama, Luise Gutmann, Renate Hennecke, Angelika Lex, Xaver Merk, Florian Ritter, Maren Ulbrich und Ulli Schneeweiß

12. April 2013

Gemeinsame Erklärung

Am 17. April beginnt in München der Prozess gegen einige Mitglieder und mutmaßliche Unterstützer des NSU. Für unsere Gesellschaft hat der Prozess, die Aufklärung über den NSU und der Kampf gegen Rassismus eine nicht zu überschätzende Bedeutung.

Die Konsequenz aus dem Bekanntwerden des NSU und dem Versagen staatlicher Behörden bei der Aufklärung der rassistischen Mordserie muss ein breites gesellschaftliches Engagement gegen Rassismus und rechte Gewalt sein. Diese Arbeit wird von vielen verschiedenen Parteien, Gewerkschaften, Gemeinden und zivilgesellschaftlichen Initiativen getragen. Das bayerische Innenministerium und insbesondere das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz haben in den letzten Jahren immer wieder das wichtige antifaschistische Engagement einiger dieser Initiativen unter dem Vorwurf des „Linksextremismus“ diffamiert und behindert.

Das Konzept des „Extremismus“ ist nicht nur wissenschaftlich höchst umstritten, es ist auch politisch brandgefährlich, da es antifaschistisches Engagement mit dem Taten von Neonazis gleichsetzt. 2012 konnte das Münchner a.i.d.a.-Archiv nach einem jahrelangen Rechtsstreit gegen den bayerischen Verfassungsschutz die rückwirkende Streichung aus den Verfassungsschutzberichten der Jahre 2009-2011 erreichen. A.i.d.a. stellt antifaschistischen Initiativen und einer breiten demokratischen Öffentlichkeit Informationen über die extreme Rechte zur Verfügung und ermöglicht so in vielen Bereichen ein fundiertes, zivilgesellschaftliches Engagement. Auch die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) und viele andere Parteien, lokale Initiativen und Gruppen stehen im Visier des Verfassungsschutzes, sie werden systematisch überwacht und durch die Nennung in den VS-Berichten diskreditiert. Viele dieser Gruppen beteiligen sich auch an der Vorbereitung der Münchner Großdemonstration im Vorfeld des NSU-Prozesses und leisten Tag für Tag wichtige Arbeit gegen Nazis und Rassismus.
Sei es durch ihr Eintreten für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen, durch Erinnerungspolitik, durch Recherchen über die extreme Rechte, durch Bildungs- und Kulturarbeit und durch politische Interventionen. Wir fordern: Antifaschistische und antirassistische Gruppen dürfen nicht weiter durch den bayerischen Verfassungsschutz und die Verfassungsschutzberichte des bayerischen Innenministeriums diffamiert werden. Auch sie sind unverzichtbarer Teil eines gesamtgesellschaftlichen Engagements gegen Rassismus und rechte Gewalt und damit für eine offene, demokratische Gesellschaft.

München, 11. April 2013

  • Antifaschistische Informations- Dokumentations- und Archivstelle München,(a.i.d.a. e.V.)
  • Bündnis gegen Naziterror und Rassismus
  • Siegfried Benker (Bündnis 90/Die Grünen München)
  • Eva Bulling-Schröter (MdB, Landessprecherin LINKE.Bayern)
  • Philipp Dees (Vorsitzender Jusos Bayern)
  • Hamado Dipama (Mitglied des Ausländerbeirates der Landeshauptstadt München)
  • Luise Gutmann (VVN-BdA Regensburg)
  • Renate Hennecke (Landessprecherin VVN-BdA)
  • Angelika Lex (Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein)
  • Xaver Merk (Landessprecher LINKE.Bayern)
  • Florian Ritter (MdL, Sprecher der SPD-Landtagsfraktion zur Bekämpfung des Rechtsradikalismus)
  • Maren Ulbrich (Vorsitzende Ver.di Jugend Bayern)
  • Ulli Schneeweiß (stellvertretender Geschäftsführer Ver.di Mittelfranken)

Erklärung zum NPD Verbotsantrag

10. April 2013

LIGA_logo_600pxScreen-shot-2013-03-26-at-17.48.37-

Die Internationale Liga für Menschenrechte und die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. veröffentlichten am 9. April 2013 eine Erklärung zum NPD Verbotsantrag: http://ilmr.de/2013/erklarung-zum-npd-verbotsantrag

Sant’Anna di Stazzema – Erinnerungen an ein ausgelöschtes Dorf

7. April 2013

Enio Mancini, Überlebender von Sant' Anna

Enio Mancini, Überlebender von Sant‘ Anna

Samstag, 20. April 2013, 18:30 Uhr mit Rechtsanwältin Gabriele Heinecke

Sonntag, 21. April, 13:00 bis 17:00 Uhr, Seminar mit Marianne Wienemann

jeweils im W 1, Weingasse 1, Regensburg

Mehr als 500 Menschen wurden am 12. August 1944 von der 16. SS-Panzergrenadier-Division „Reichsführer SS“ in Sant’Anna, einem Bergdorf in der Toskana ermordet. Die Täter wurden von der deutschen Justiz nicht belangt. Die überlebenden Opfer streiten um Anerkennung und Entschädigung bis heute. RA Heinecke vertritt ihre Klagen vor Gericht.

Das Massaker in den toskanischen Bergen ist vergleichbar mit den NS-Verbrechen von Lidice in Tschechien 1942 oder Oradour in Frankreich 1944. Von Lidice und Oradour weiß die Welt, das Massaker von Sant’Anna war bis vor kurzem nicht einmal in ganz Italien bekannt, geschweige denn in Deutschland.

Im März 2013 jedoch fuhr Bundespräsident Joachim Gauck zu einer Gedenkfeier nach Sant‘ Anna, zeigte Reue, umarmte den italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano und sagte: „Es verletzt unser Empfinden für Gerechtigkeit tief, wenn Täter nicht überführt werden können, wenn Täter nicht bestraft werden können, weil die Instrumente des Rechtsstaates dieses nun einmal nicht zulassen“. Deutschland ein Rechtsstaat, der die Strafverfolgung von NS-Tätern „nun einmal“ nicht zulässt? Merkwürdig. Und was für eine Rechtstradition ist das denn?

SJD DIE FALKEN erinnern an das ausgelöschte Dorf und berichten von ihrer Begegnung mit Überlebenden im letzten Jahr.

 

Die Zukunft des Verfassungsschutzes in Bayern

7. April 2013

Fachgespräch: Donnerstag, den 18. April 2013, 18:00 – 21:00 Uhr im Bayerischen Landtag

Die Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag laden ein zu einem Fachgespräch über „Die Zukunft des Verfassungsschutzes in Bayern“.

Einführung: Franz Schindler, MdL (SPD), Vorsitzender des Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus in Bayern – NSU“

Es diskutieren

  • Dr. Rolf Gössner, Rechtsanwalt und Publizist, Bremen
  • Dr. Klaus Hahnzog, Richter am Bayerischen Verfassungsgerichtshof
  • Dr. Burckhard Körner (Präsident des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz)
  • Winfried Ridder, ehemaliger Referatsleiter im Bundesamt für Verfassungsschutz, Autor des Buchs „Verfassung ohne Schutz“

Schlusswort: Susanna Tausendfreund, MdL (Bündnis 90/Die Grünen) Mitglied im Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus in Bayern – NSU“

Anmeldung über das Kontaktformular der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

 

Demo vor dem NSU-Prozess: Samstag, 13. April, 13:00 Uhr, München Karlsplatz

7. April 2013

plakt_bannerNSU-Prozess: Nur bedingt öffentlich. Wir demonstrieren am 13. April in München.

Thomas Muggenthaler: „Exil“–Juden aus Regensburg in den USA und Israel

7. April 2013

Montag, 8. April 2013, 19:00 Uhr, Jüdische Gemeinde
Porträts jüdischer Zeitzeugen, die in der NS-Zeit emigrieren konnten. Mit Interviewpassagen (Otönen)

Der Fall Maldaque – Toleranz mit Todesfolge – eine Rezension aus Ossietzky 6/13

geschrieben von Renate Hennecke

28. März 2013

, , , , , , , ,

 

Die Weimarer Republik sei an zuviel Toleranz gegenüber ihren Feinden von links und rechts zugrunde gegangen. So ist es zu lesen auf den Websites deutscher Verfassungsschutzämter. Beim mecklenburg-vorpommerschen Amt beispielsweise heißt es, die Weimarer Reichsverfassung sei »vom idealistischen Demokratiemodell der ›reinen Toleranz‹ geprägt« gewesen. Dabei sollte angeblich »jede politische Strömung … die Möglichkeit haben, sich durchzusetzen, soweit sie nur die erforderliche Mehrheit im Parlament erreichen konnte«. Deshalb habe man auf effektive Instrumentarien gegen Verfassungsfeinde verzichtet. Die Vorlage zu diesem Text findet sich beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz: »Die Weimarer Republik hat bei der Bekämpfung der Feinde der Demokratie versagt. Die erste freiheitliche Verfassung Deutschlands, die Weimarer Reichsverfassung, war vom Demokratiemodell der reinen Toleranz geprägt. Gegenüber den Feinden dieser Staatsform sollte Nachsicht geübt werden, ihre feindliche Haltung gegenüber dem Staat sollte hingenommen werden. Den Feinden der Weimarer Republik wurde hierdurch ermöglicht, völlig legal an die Macht zu kommen.«
Es war also die übertriebene Begeisterung deutscher Polizeipräsidenten, Bürgermeister und Minister für die Demokratie, die den Faschisten den Weg ebnete?

Wie und wo Toleranz geübt und nicht geübt wurde und wie es aussah mit der Liebe zur Demokratie bei denen, die am Ende der Weimarer Republik das Sagen hatten, erfährt man am Beispiel Regensburg aus dem Buch »Der Fall Maldaque – Ein Willkürakt mit Todesfolge«, das soeben im Verlag Friedrich Pustet erschienen ist. Elly Maldaque war Volksschullehrerin in der von der Bayerischen Volkspartei (BVP) regierten Bischofsstadt. 1930 wurde sie von einem Spitzel der Politischen Polizei als angebliches Mitglied der KPD denunziert, fristlos aus dem Schuldienst entlassen und zwangsweise in eine psychiatrische Klinik verbracht, wo sie elf Tage später starb.

Das Schicksal der bei ihren Schülerinnen und deren Eltern beliebten 36jährigen Lehrerin erregte einst ganz Deutschland und war auch in jüngerer Zeit Gegenstand von Kontroversen. In der gesamten Presse (auch in der Weltbühne) wurde der Fall diskutiert. Ödön von Horváth schrieb darüber ein Dramenfragment, der Regensburger Schlossermeister, Schauspieler und Bühnenautor Josef Wolfgang Steinbeißer ein Theaterstück, Walter Mehring eine Ballade und Franz Hummel die Oper »An der schönen blauen Donau«. Seit 2007 bemüht sich das Regensburger »Theater an der Uni« darum, den Namen »Elly Maldaque Theater« zu erhalten; Studentenwerk und Uni-Verwaltung zeigen dafür keinerlei Verständnis. 1982 veröffentlichte der Tübinger Literaturwissenschaftler Jürgen Schröder sein Buch »Horváths Lehrerin von Regensburg – Der Fall Elly Maldaque«, in dem er der Frage nachging, inwieweit Horváth sich an die historischen Tatsachen gehalten hat. Noch nie zuvor sind jedoch die Ereignisse, die zum Tod von Elly Maldaque führten, so umfassend recherchiert und so sorgfältig im Kontext des politischen Umfeldes verortet worden wie in der neuen Publikation des Autorenquartetts Waltraud Bierwirth, Luise Gutmann, Klaus Himmelstein und Erwin Petzi.

Im ersten Teil des Buches beschreibt der Erziehungswissenschaftler Klaus Himmelstein »das kurze Leben der Elly Maldaque«: ihre Kindheit in Erlangen, wo Kaserne und Exerzierplatz das Lebensumfeld der beiden Kinder des königlich-bayerischen Fachoffiziers Wilhelm Maldaque bildeten; ihre bayerisch-patriotische und deutsch-nationale Erziehung und Ausbildung; ihre Lehrtätigkeit an der (damals) protestantischen Von-der-Tann-Schule in Regensburg; ihre Auseinandersetzung mit dem fanatisch-religiösen Vater und ihre Hinwendung zu sozialen Fragen. Sehr differenziert zeichnet Himmelstein Maldaques Begegnungen mit Persönlichkeiten wie dem Armenarzt August Kerscher in Nittenau, dem französischen Dichter, Pazifisten und Kommunisten Henri Barbusse, den sie zusammen mit ihrer Freundin Irene Neubauer in Frankreich besuchte, oder dem Regensburger KPD-Stadtrat Konrad Fuß, auf dessen Bitten sie hin und wieder bei Parteiveranstaltungen Klavier spielte. Zur aktiven Kommunistin sei Maldaque damit nicht geworden, schließt Himmelstein: »Vergleicht man Maldaques Weg mit dem der 16 Jahre älteren Sozialistin Antonie (Toni) Pfülf, die sich ebenfalls aus einem konservativen Offiziersmilieu befreite, Volksschullehrerin in München wurde, aus der Kirche austrat und schließlich Reichstagsabgeordnete der SPD für den Wahlkreis 25, Niederbayern und Oberpfalz, also auch für Regensburg, wurde, dann fällt auf, daß hier die Abkehr vom ›Alten‹ und die Wendung zum Sozialismus in konkrete politische Arbeit mündete. Maldaques schwärmerisches, idealistisches Bekenntnis zum Kommunismus läßt noch keine reale politische Konsequenz erkennen.« Aber schon Elli Maldaques Suchen außerhalb eingefahrener Wege, ihre Unvoreingenommenheit und ihr solidarisches Verhalten auch gegenüber gesellschaftlichen Außenseitern, ihr Bemühen um eine eigenständige emanzipatorische Entwicklung waren zu viel für die Weimarer Toleranz. Von Spitzelberichten über die Anwesenheit einer Lehrerin mit französisch klingendem Namen bei KPD-Veranstaltungen führte der Weg zur »bayerischen Entlassung« wegen angeblicher kommunistischer Betätigung und Freidenkertum und zum Tod der Maldaque in der Heil- und Pflegeanstalt Karthaus-Prüll.

Konrad Fuß und dem Umgang mit ihm von Seiten der guten Regensburger Gesellschaft ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Der KPD-Stadtrat, Sozialpolitiker und Freidenker überlebte das KZ Dachau und den Krieg, zu dem der »Wehrunwürdige« 1943 noch eingezogen wurde, und kehrte 1946 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft nach Regensburg zurück. Bei der Kommunalwahl 1952 wurde er wieder in den Stadtrat gewählt. »So wie in den Jahren der Weimarer Republik profilierte sich Konrad Fuß erneut als engagierter Sozialpolitiker. Sein Kontrahent war ein alter Bekannter: Hans Herrmann, einst unwiderruflicher BVP-Bürgermeister, dann Nazi-Bürgermeister, jetzt CSU-Oberbürgermeister. Er ging mit den beherzten Dringlichkeitsanträgen des Stadtrats Konrad Fuß so um, wie er es früher handhabte: Ablehnung oder Überweisung an den Ausschuß, in dem das Anliegen nicht mehr zur Sprache kam.«

1968 gehörte Konrad Fuß zu den Gründungsmitgliedern der Regensburger DKP. Für die jungen Linken in und außerhalb der Partei war der alte Kommunist eine wichtige Informationsquelle über die Stadtgeschichte. Luise Gutmann, damals junge Lehramtsstudentin in Regensburg: »Von ihm erfuhren wir auch die Geschichte Elly Maldaques, was im Januar 1977 zur szenischen Lesung des Dramenfragments von Ödön von Horváth im Augustiner führte.«

Aktueller Grund für die Wiederentdeckung des »Falles Maldaque« durch die Studenten war die Praxis der Berufsverbote aufgrund des sogenannten Radikalenerlasses von 1972. Waltraud Bierwirths Kapitel »Über die Kontinuität von Gesinnungsschnüffelei und Obrigkeitsstaat« ist – neben Klaus Himmelsteins Schilderung der Lebensgeschichte Elly Maldaques – der spannendste Teil des Buches. Gibt es noch eine Erinnerung in der Stadt an die grausame Geschichte von 1930? Ehemalige Schülerinnen erinnern sich gern an ihre Lehrerin mit den ungewohnt modernen Lehrmethoden. Andere wollen sich nicht erinnern, wollen auch die Erinnerung nicht wieder hochkommen lassen. Aufschlußreich die Tendenz, Elly Maldaque, für deren Tod Politiker der gutbürgerlich-katholischen BVP verantwortlich waren, als »erstes Opfer der Nazis« hinzustellen. Verbirgt sich dahinter die Ahnung, wie tolerant der Umgang der Obrigkeit mit den Nazis, wie groß die antikommunistische Gemeinsamkeit mit ihnen war? Oder soll mit der BVP einfach nur die Partei entlastet werden, in deren Nachfolge sich die CSU heute versteht?

Urkomische Episoden aus der Geschichte der Regensburger Universität hat Bierwirth bei ihren Berufsverbote-Recherchen erfahren. Und auch Geschichten wie die des Diplomsoziologen Fred Karl, den der Freistaat Bayern wegen seines linken Engagements einer wissenschaftlichen Laufbahn für unwürdig hielt und der es unter ungeheurem Kraftaufwand in einem anderen Bundesland dann doch schaffte und zum international renommierten Pionier auf dem Fachgebiet der Sozialen Gerontologie wurde.

Ein umfangreicher Dokumententeil, eine Zeittafel, ein hauptsächlich von Erwin Petzi sorgsam zusammengestelltes Kompendium mit Kurzbiographien von Personen und Organisationen, die im Leben von Elly Maldaque eine Rolle gespielt haben, sowie ein ausführliches Literaturverzeichnis ergänzen den Band.

Als Werbung für eine Stärkung des bestehenden »Verfassungsschutzes« ist das Buch nicht brauchbar, wohl aber als Anregung zu Überlegungen, welche Toleranz notwendig und welche ungeeignet ist, um Demokratie und Menschenrechte effektiv zu schützen.

Waltraud Bierwirth, Luise Gutmann, Klaus Himmelstein, Erwin Petzi: »Der Fall Maldaque – Ein Willkürakt mit Todesfolge«, Verlag Friedrich Pustet, 302 Seiten, 29,95 €

9783791724782_01_05e8d5a067

Gedenkweg für die Opfer des Faschismus 23. April 2013 Beginn 17:00 Uhr Stadtamhof

28. März 2013

, , , , , , ,

Neupfarrplatz

Gedenkweg für die Opfer des Faschismus

1. Station Stadtamhof

Beginn des Gedenkwegs in Stadtamhof

Beginn des Gedenkwegs in Stadtamhof

400 Gefangene des Außenlagers  Colosseum des KZ Flossenbürg wurden im März /April 1945 zur Zwangsarbeit bei der Reichsbahn eingesetzt.. In der Nacht  vom 22. auf 23. April begann der Todesmarsch. Die Befreiung erlebten nur wenige nach 278 km am 1. Mai bei Laufen an der Salzach.

Namen der Toten des Colosseum

Namen der Toten des Colosseum

2. Station Neupfarrplatz

Wir gedenken der Opfer der „Neupfarr-platzgruppe“ (Oktober 1942 – Juni 1943): Josef Bollwein, Post-facharbeiter; Johann Eibl, Vorarbeiter; Josef Haas, Invalide; Franz Herzog, Arbeiter bei der Wehrmacht; Johann Kellner, Arbeiter; Max Massinger, Gastwirt; Johann Schindler, Kasseninspektor; Georg Zaubzer, städt. Arbeiter. Sie wurden ermordet, weil sie sich gegen den Krieg und für die Beseitigung des NS-Regime äußerten.

3. Station an der Jüdischen Gemeinde

An der Jüdischen Gemeinde

Gedenken an die Opfer der Jüdischen Gemeinde

Die rund 400 Juden in Regensburg wurden enteignet, beraubt und verschleppt. An die 250 wurden ermordet. Unter ihnen Alice Heiß im KZ Auschwitz und Simon Oberdorfer in KZ Sobibor. Im April 1942 fanden die ersten Deportationen statt, im April 1945 die letzten. Die Synagoge wurde zerstört – vor 75 Jahren.
4. Station Minoritenweg 9

Minoritenweg 9 Gedenktafel für Wolfgang Waller

Minoritenweg 9: Gedenktafel für Wolfgang Waller

Hier wohnte Wolfgang Waller, Häftling mit dem lila Winkel. Aktives Mitglied einer von drei Widerstandsgruppen der Zeugen Jehovas, starb er als christlicher Märtyrer am 6. Juli 1940 im KZ Mauthausen.

5. Station Dachauplatz

Tadeusz Sobolewicz 1945 im Außenlager Colosseum wird 2008 Ehrenmitglied der ARGE ehem. KZ Flossenbürg e.V.

Tadeusz Sobolewicz 1945 im Außenlager Colosseum wird 2008 Ehrenmitglied der Arbeitsgemeinschaft ehem. KZ Flossenbürg e.V.

In Erinnerung an die Frauendemonstration für die kampflose Übergabe der Stadt gedenken wir der Opfer des 23. April 1945:
Dr. Johann Maier, Domprediger (39) Josef Zirkl, Lagerarbeiter (70) Michael Lottner, Hauptwachtmeister a.D. (46).Sie wurden ermordet, weil sie das Ende des Krieges und die kampflose Übergabe der Stadt forderten.

NIE WIEDER FASCHISMUS – NIE WIEDER KRIEG!

Tadeusz Sobolewicz begrüßt die Teilnehmenden unter ihnen auch Prof. Dr. Eberhard Dünninger

Tadeusz Sobolewicz begrüßt die Teilnehmenden unter ihnen auch Prof. Dr. Eberhard Dünninger. Dachauplatz 2008

Gedenkort für die Mordopfer der NSU in Nürnberg

20. März 2013

Michael Helmbrecht, Vorsitzender der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg, sprach anläßlich der Einweihung des Gedenkorts für die Mordopfer des NSU zu den Angehörigen der Opfer. Er sprach aber auch den bayerischen Innenminister und die Vertreter von Polizei und Sicherheitsbehörden an und wandte sich an die Öffentlichkeit.

Vier Ginkobäume und eine Stele mit den Namen der der zehn Ermordeten und einer Verurteilung der menschenverachtenden Taten der Neonazi‐Verbrecher in der unmittelbaren Nähe zu den Säulen der Menschenrechte bilden den neuen Gedenkort in Nürnberg, der Stadt der Menschenrechte – als Mahnung an uns alle.

Sehr geehrte Familie Simsek, Sehr geehrte Familie Özüdogru, Sehr geehrte Familie Yasar, sehr geehrte Angehörige der Opfer der Neonazi-Verbrecher,im Namen der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg möchte ich mein Wort zunächst an Sie richten. Wir können nicht im Entferntesten ermessen, welche Qualen sie durchlitten haben in den letzten Jahren – durch den Mord an ihren Ehemännern, Vätern, Brüdern, Onkeln und nächsten Angehörigen. Durch die schreckliche Erfahrung, in ihrer Trauer der Mittäterschaft bezichtigt und befürchten zu müssen, ihrer Ehre beraubt zu werden. Durch den gnadenlosen Umstand, dass die Mordtaten, die ihnen so viel Leid gebracht haben, so lange nicht aufgeklärt worden sind. In meiner, in unserer Hilflosigkeit können wir Ihnen nur unsere tiefe Anteilnahme versichern. Wir sind bestürzt darüber, was neonazistische Verbrecher und sich irrende Behörden Ihnen angetan haben.

Vielleicht ist es unangebracht und sehr vermessen von mir, Sie zu bitten, nicht zu verbittern und zu sehen, dass am Internationalen Tag der Menschenrechte vorletzten Jahres, kurz nach dem Offenbarwerden der Täter, viele Tausend Menschen hier im Nürnberger Raum an den Trauerfeiern zum Gedenken an die ermordeten 10 Mitbürger teilgenommen haben. Vielleicht ist es nach dieser Zeit, die Sie durchleiden mussten, menschenunmöglich zu glauben, dass Millionen Menschen, die überwiegende Mehrheit der Menschen in diesem Land gerne in einer bunten, multikulturellen, friedlichen Gesellschaft lebt. Dass Hunderte von Initiativen sich engagiert und unablässig Naziaufmärschen in den Weg stellen, dass die Qualitäts‐Medien sehr kritisch die Aufklärung der Mordtaten betreiben und kritisch begleiten.

Vielleicht ist der Blick auf die zivilen Seiten dieses Landes nach diesen schrecklichen Erfahrungen nicht mehr möglich und kann auch keinen Trost spenden. Aber lassen Sie mich Ihnen im Namen der Allianz gegen Rechtsextremismus, in der über 130 Städte und 120 Initiativen in der Metropolregion sich zusammengeschlossen haben, versichern, dass wir unser Mögliches tun werden, dass hier in unserer gemeinsamen Heimat Menschen wegen ihrer Herkunft, wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Religion oder anderer Eigenschaften nicht als Menschen zweiter Klasse behandelt und nie mehr aus der Menschheitsfamilie ausgeschlossen werden. Wir sind sehr entschlossen, jenen lebensgefährlichen Kulturen der rassistischen Verachtung von Minderheiten, die sich in Deutschland und Europa einzunisten versuchen, entgegenzutreten.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, sehr geehrte Vertreter der Polizei und der Verfassungsschutzbehörden,

im Namen der Allianz gegen Rechtsextremismus möchte ich Ihnen sagen, dass wir durchaus glauben, dass sehr wohl sehr eifrig in den Mordfällen ermittelt wurde. Aber es offenkundig ist, dass der Eifer nicht zu den richtigen Ergebnissen führen konnte, weil er auf falschen Voraussetzungen aufsaß: Erstens der unfassbaren Banalisierung der Gefährlichkeit der rechtsextremistischen Szene bis hin zur Protektion von rechtsextremistischen Strukturen durch die staatlich alimentierten V‐Leute. Zweitens der Bereitschaft zur Stigmatisierung und Kriminalisierung von Migranten‐Milieus. Diese beiden Fehler zusammengenommen erklären erst das Desaster der Ermittlungen. Diese Erkenntnis wäre ein zwingender Grund zur Selbstreflexion, zur Fehlersuche und für die Frage: Was stimmt in unseren Strukturen nicht, was stimmt an unseren Mentalitäten nicht? Stattdessen hören wir, dass Akten verschwanden, geschwiegen, vernebelt, geschwärzt und vergessen wurde. Wenn Sie das Vertrauen in die Behörden wieder herstellen wollen, dann klären Sie selbstkritisch und entschieden den Geist und die Strukturen auf, die der Nährboden dieser Irrtümer waren und sind. Lassen Sie uns wissen, warum die NSU‐Verbrecher gerade Nürnberg als Zielort und Nürnberger Bürger als Zielschiebe wählten und was die regionale, hochaktive Neonazi‐Szene damit zu tun hat. Und mit Blick auf die anstehenden Wahlkämpfe bitten wir Sie: Ermahnen Sie Ihre Kollegen in den Parlamenten und die Partner in den Vorstandsetagen unserer Gesellschaft zur Besonnenheit, wenn sie mit Blick auf Wählerstimmen den Rechtspopulisten das Wort reden und sehr missverständlich etwa vom Tod des Multikulturalismus schwadronieren.

Sehr geehrte Damen und Herren,

es gab ja Debatten im Vorfeld, ob der Nürnberger Weg des Gedenkens geeignet sei, den schrecklichen Ereignissen und der Trauer der Betroffenen Rechnung zu tragen. Ich glaube, das kann keine Gedenkstätte – in welcher Form auch immer – leisten. Mit Gedenkstätten sollen nicht Steine, sondern die Köpfe und Herzen der Besucher und Vorübergehenden bewegt werden. Und das kann mit diesem Ensemble, den vier Gingko‐Bäumen, der Stele mit den Namen der zehn Ermordeten und einer Verurteilung der menschenverachtenden Taten der Neonazi‐Verbrecher in der unmittelbaren Nähe zu den Säulen der Menschenrechte geschehen. Es entstand aus unserer Sicht ein würdiger und symbolträchtiger Mahn‐ und Gedenkort. Mit ihrem eigentümlichen, zweigeteilten Blatt symbolisieren die Gingko‐Bäume nicht die Dualität, das Neben‐ oder Gegeneinander, sondern die Polarität, die Einheit in der Verschiedenheit. Das ist ein gutes Symbol für jene Welt, für die wir einstehen: Eine plurale Gesellschaft, die zusammengehalten wird von unserem Willen, das Zusammenleben und die Konfliktaustragung friedlich, respektvoll und im Geiste der Menschenrechte zu gestalten. Wir sind in mancher Hinsicht vielleicht unterschiedlich, aber wir sind gleich mit Blick auf unsere elementaren Bedürfnisse: Kein Mensch will erniedrigt, gefoltert, getötet werden. Wir alle haben ein Bedürfnis nach Freiheit und nach unserer Anerkennung als vollwertige Mitglieder einer Gemeinschaft, ein Bedürfnis nach Respektierung unserer Glaubensüberzeugungen, ein Bedürfnis nach einem Leben ohne Furcht und Not. Die Menschenrechte formulieren die Anrechte zur Verwirklichung dieser Bedürfnisse, die uns allen gemeinsam sind, Bedürfnisse, die uns als Menschen ausmachen. Dieser Einheit in der Verschiedenheit müssen wir uns gerade in konflikthaften Auseinandersetzungen immer wieder inne werden.

Im Vergleich mit den unverrückbaren Säulen der Menschenrechte erscheinen die Gingko‐Bäume zart und schutzlos. Ihre Verletzbarkeit steht in einer deutlichen Spannung zu den Säulen. Sie kann uns lehren: Menschen jedweder Herkunft sind sich gleich in dieser Verletzbarkeit. Wir alle können zutiefst verletzt werden – körperlich, seelisch und moralisch. Und gerade weil wir als Menschen so verletzbar sind, deshalb brauchen wir alle den Schutz der Menschenrechte.

Lassen Sie uns achten auf die Gingko‐Bäume. Lassen Sie uns achtsam sein im täglichen Umgang miteinander. Die Gingko‐Bäume können sehr alt werden und sie bilden mächtige Kronen aus. In nicht allzu ferner Zeit können sich Menschen unter ihnen niederlassen. Vielleicht stellt sich im Schatten, den sie unseren Ururenkeln noch spenden werden, die Frage: „Was war das nur für eine Zeit, in der Menschen dafür verdächtigt, beleidigt, ausgegrenzt, verachtet und getötet wurden, dass sie andernorts geboren wurden, eine andere Hautfarbe, eine andere Religion hatten?“ Für diese zukünftige Welt, der unsere gegenwärtigen Verhältnisse so fremd sind, weil Achtung, Respekt und Frieden in ihr herrschen, kämpfen wir. Den Feinden der Menschenrechte treten wir entschlossen entgegen. Und wir sind viele.

Ältere Nachrichten · Neuere Nachrichten